Fachlich sind die meisten Führungskräfte bestens ausgebildet, doch wie steht es um die sogenannten Soft Skills? Erfolgreiches und wirksames Führen erfordert kommunikative, emotionale und soziale Kompetenzen. Diese entscheiden häufig über den Erfolg und Misserfolg einer vielversprechenden Nachwuchsführungskraft. Dabei sind die Selbstreflexion des eigenen Führungsverhaltens und das Wissen über die eigenen Kompetenzen wesentliche Faktoren für erfolgreiche Führung. Ein professionelles Coaching kann verschiedene Ansatzpunkte bieten, um die entsprechenden Kompetenzen zu entwickeln und zu verbessern. Gerade für junge Führungskräfte kann Coaching eine wertvolle Unterstützung sein, die Herausforderungen von Führungsaufgaben zu meistern.
Folgende Aspekte führen häufig zu Problemen in der Führungstätigkeit:
Was ein gesundes Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl wert ist, merkt man insbesondere bei Menschen, denen dies nicht gegeben ist: Während man manchen Führungskräften etwas mehr Selbstvertrauen wünschen würde, fallen andere mit einer bis zum Narzissmus reichenden, penetranten Selbstüberschätzung oder einem ständigen Buhlen um Aufmerksamkeit auf. Die Ursache ist oftmals ähnlich: Ein geringes Selbstwertgefühl.
Während manche Führungskräfte selbst darunter leiden und sie dies oft in ihrem beruflichen Fortkommen behindert, platzen die anderen scheinbar vor Selbstüberzeugung und lassen andere darunter leiden. Tatsächlich leiden auch sie unter einem geringen Selbstwertgefühl und blasen sich daher künstlich auf. Wer aber keine Wertschätzung für sich selbst empfinden kann (oder sie künstlich aufblähen muss), kann auch anderen Menschen keine angemessene Wertschätzung entgegenbringen. Das führt zwangsläufig zu Problemen in der Zusammenarbeit.
Sofern hier keine krankhafte Ausprägung gegeben ist, kann sowohl ein zu geringes als auch ein (scheinbar) zu großes Selbstwertgefühl mit einem Coaching positiv beeinflusst werden. Ein Ansatzpunkt dafür ist das Selbstmitgefühl – nicht zu verwechseln mit dem Selbstmitleid –, das bei Menschen mit geringem Selbstwertgefühl schlecht ausgeprägt ist. Die Folge: Ein unendlicher innerer Dialog voller abwertender Äußerungen, der seine Wirkung nicht verfehlt. Das Selbstvertrauen nimmt ab oder bildet sich erst gar nicht aus.
Dieser negative innere Dialog kann im Coaching bewusst und damit bearbeitbar gemacht werden. Das Ziel ist, die eigenen Stärken und Schwächen realistisch einzuschätzen, also weder überkritisch zu sein, noch zum Selbstlob zu neigen.
Am Beispiel einer cholerischen Führungskraft lässt sich der Zusammenhang zwischen Selbstreflexionsvermögen und Selbststeuerung leicht verdeutlichen. Ein Chef, der regelmäßig in Besprechungen cholerische Anfälle bekommt und Mitarbeiter grundlos vor versammelter Mannschaft „runterputzt“, verfügt über keine Selbstreflexion und –steuerung.
Wer es aus Mangel an Reflexion für gerechtfertigt hält, immer wieder Mitarbeiter zusammenzuschreien, ist sich offensichtlich nicht über die negativen Auswirkungen seines Verhaltens bewusst. Wohlmöglich hält er dieses Verhalten sogar für angemessen bzw. gerechtfertigt, weil der Mitarbeiter vielleicht einen Fehler gemacht hat und diese Behandlung nach der Logik der Führungskraft verdient. Den Mangel an Selbststeuerung merkt die Führungskraft dann gar nicht mehr, ihr eigenes Verhalten erscheint ihr ja logisch und angemessen.
Für das Coaching bedeutet dies, als Reflexionspartner zur Verfügung zu stehen und als Sparringspartner zu fungieren. So kann das problematische Verhalten z.B. in den Coaching-Sitzungen reflektiert und simuliert werden, um die Selbststeuerung zu verbessern. Erkenntnisreich kann dabei ein Rollenspiel sein, in dem die Führungskraft den Mitarbeiter spielt und der Coach als Führungskraft zum Choleriker wird. Dies ist natürlich nur auf der Basis einer sehr stabilen Beziehung zwischen Coach und Führungskraft möglich, hat dann aber erfahrungsgemäß intensive Wirkung.
Wer Einfühlungsvermögen besitzt, also über Empathie verfügt, kann sich in andere Menschen hineinversetzen und auf diese Weise deren Denken und Verhalten nachvollziehen. Empathisch zu sein bedeutet also nicht, für alles und jeden Verständnis zu haben und jedes Fehlverhalten zu akzeptieren. Menschen mit Einfühlungsvermögen sind auch keine Schleimer und Opportunisten.
Ein Mangel an Einfühlungsvermögen zeigt sich bei Führungskräften primär in gefühllosen Äußerungen und Handlungen, die mit einer „gesunden Härte“ verwechselt werden. Mitgefühl oder gar Mitleid sind für Personen mit gering ausgeprägter Empathie Zeichen von Schwäche. Zeigt jemand Schwäche, darf er in der eigenen Logik daher korrigiert, also hart angegangen werden. Der „Sozial-Rambo“ meint es daher oftmals im Grunde gut und versteht gar nicht die Empörung, die seinen rüden Äußerungen zuweilen folgt. Wer ihn nicht versteht, ist ein „Weichei“ und das Geschäftsleben ist für ihn Darwinismus, in dem nur der Starke überleben kann und darf. Schwäche ist für ihn tödlich. Wer das nicht versteht, ist für ihn ein Dummkopf oder gefühlsduseliger Sozialromantiker.
Ein professioneller Coach kann auch mit solchen Fällen umgehen. Belehrend zu sein und die Führungskraft vom Gegenteil überzeugen wollen, funktioniert beim Sozial-Rambo nicht und führt nur zum Beziehungsabbruch. Ein Coach mit gut ausgeprägtem Einfühlungsvermögen versteht die innere Logik solcher Führungskräfte und hilft ihm dabei, die Konsequenzen zu erkennen.
Dass „harte“ Führungskräfte den Anspruch haben, auch zu sich hart zu sein, kann ebenfalls als Impuls für die Veränderungsarbeit genutzt werden: Wer weiterkommen will – und das will der Harte – muss die Folgen seines Handelns gut abschätzen können. Dies kann ein Ausgangspunkt sein, am Einfühlungsvermögen zu arbeiten. Gleichzeitig kann der Coach als Rollenmodell dienen, an dem sich die Führungskraft orientieren kann: Klar und verbindlich in der Aussage und im Anspruch an sich und Umwelt, aber freundlich im Ton.
Erfolgreiche Führung erfordert die Fähigkeit, im Zusammenspiel mit anderen Menschen zu arbeiten und relevante Ziele zu erreichen. Auch wenn Führungskräfte manchmal Entscheidungen einsam treffen, müssen diese auch durchsetzbar sein und die Bedürfnisse des Umfelds berücksichtigen. Das gelingt nur in Zusammenarbeit mit dem eigenen Team und erfordert nicht selten Kompromisse. Kooperationsfähigkeit bedeutet daher das Maximum des praktisch Möglichen zu erreichen.
Dickköpfigkeit – so wichtig sie als Durchhaltevermögen in manchen Situationen sein mag – orientiert sich dagegen meist an den Absichten und Wünschen der eigenen Person. Wenn diese Ziele oder der Weg dorthin unrealistisch sind, fangen die Probleme an. Wer nicht teamfähig ist und versteht, dass ein Team nur dann erfolgreich ist, wenn alle an einem Strick in die gleiche Richtung ziehen, macht aus der Zusammenarbeit ein Tauziehen: Nichts bewegt sich und am Ende hat (mindestens) die Hälfte der eigenen Leute verloren.
Die Fähigkeit zur Kooperation kann mit einem Coaching nicht hergestellt werden. Sofern die Kooperationsfähigkeit grundsätzlich gegeben ist und es „nur“ an Kooperationsbereitschaft mangelt, kann ein Coaching hingegen durchaus eine sinnvolle Maßnahme sein.
Ein professioneller Coach erarbeitet dann beispielsweise gemeinsam mit dem Klienten die Konsequenzen von nichtkooperativem, egoistischem Verhalten. Dabei wird oft deutlich, dass manche Führungskräfte Kooperationsbereitschaft mit mangelnder Führungsstärke verwechseln, getreu dem John-Wayne-Motto „Ein Mann geht seinen Weg alleine“. Die Stärke einer Führungskraft zeigt sich aber in den Resultaten, die sie erzielt, nicht in gespielten starken Posen. Zusammen mit seinem Team kann eine Führungskraft immer mehr erreichen, als isoliert zu arbeiten oder gar gegen die Bedürfnisse des Teams oder des Unternehmens zu handeln.
Kompetente Führungskräfte können nicht nur mit Konflikten konstruktiv umgehen, sie verhindern im Idealfall, dass Konflikte eskalieren. Dazu ist es notwendig, Konflikte rechtzeitig zu erkennen und sie aktiv anzusprechen. Probleme zu ignorieren ähnelt der Vogel-Strauß-Strategie „Kopf in den Sand“ – in der Hoffnung, der Konflikt möge sich von alleine lösen. Dieses Aussitzen von Konflikten kann funktionieren, basiert jedoch letztlich auf Zufall und nicht auf aktivem Handeln, wie man es von einer guten Führungskraft erwarten darf. Zudem besteht weiterhin das Risiko der Konflikteskalation.
Konfliktfähigkeit zeigt sich hingegen auch darin, bei Problemen zwischen Parteien vermitteln zu können oder sich um einen Vermittler zu bemühen. Konfliktscheuheit ist daher letztlich nicht nur Ausdruck eines unangemessenen Harmoniebedürfnisses, sondern ein Zeichen von Führungsschwäche. Gleiches gilt allerdings auch für Manager, die immer wieder Konflikte provozieren, z.B. durch Fehlverhalten, Egoismus und schlechte Manieren. Dies kann bis zur letzten Eskalationsstufe – gemeinsam in den Abgrund – reichen.
Ein professioneller Umgang mit Konflikten kann in einem Business Coaching geübt und verbessert werden. Typische Coaching-Methoden sind hier das Simulieren von Konfliktsituationen und die Vorbereitung entsprechender Gespräche und Vermittlungsversuche. Zudem kann das Coaching dabei helfen, die Wahrnehmung von (beginnenden) Konflikten zu schulen, um Eskalationen zu verhindern. Höhere Konfliktstufen sind nicht mehr von den Betroffenen selbst zu bereinigen, hier bedarf es eines Machtwortes (und entsprechender Taten) „von oben“. Wann welche Strategie am erfolgversprechendsten ist, kann im Coaching ebenfalls bearbeitet werden.
Eine Führungskraft, die bei ihren Mitarbeitern kein Vertrauen mehr genießt, hat versagt. Man kann dies in dieser Eindeutigkeit sagen, weil ohne Vertrauen keine Führung möglich ist. Wer meint, lieber mit Angst führen zu wollen, verwechselt Führung mit (schlechter) Dressur. Von ethischen Aspekten abgesehen, verspielen angstmachende Manager einen Großteil des Potentials guter Führung, da von ängstlichen Mitarbeitern keine dauerhaft gute Leistung zu erwarten ist. Denn wer Angst hat, befindet sich im Kampf- oder Flucht-Modus (oder erstarrt vor Angst), lernt aber nicht und kann auch nicht wirklich kreativ sein. Wer seine Mitarbeiter nach Belieben manipuliert und sich für eine tolle Führungskraft hält, erhöht sich selbst und glaubt, schlauer zu sein als alle anderen. Auch dieser Weg führt ins Abseits.
Für eine nachhaltige, resultatorientierte Führung ist Vertrauen unerlässlich, weil es die Grundlage für die Beziehung einer Führungskraft für alle Personen in seiner Umwelt ist. Ohne solche Beziehungen kann man nicht führen. Und Führungskräfte, die glauben sie hätten keine Beziehung zu ihren Mitarbeitern nötig, haben auch eine Beziehung – aber eine schlechte!
Nicht selten kommen Führungskräfte ins Coaching, um sich von ihrem Coach Psychotricks zeigen zu lassen, damit ihre Mitarbeiter besser spuren. Dieser ganze Ansatz ist jedoch falsch gedacht, da solche Manipulationen – selbst wenn sie funktionieren würden – bestenfalls zeitlich beschränkt wirken und einen riesigen Schaden erzeugen: Vertrauensverlust. Am Ende verliert die Führungskraft damit jede Wirkung. Vor Coaches, die mit solchen Tricks arbeiten, kann daher nur gewarnt werden!
In einem professionellen Coaching liegt der Fokus daher auf vertrauenswürdigem Verhalten. Dieses muss von einer Führungskraft vorgelebt werden. Gleiches gilt auch für den Coach, da auch die Coaching-Beziehung auf Vertrauen basiert. Die Arbeitsbeziehung zu dem Coach kann daher für die Führungskraft sehr hilfreich sein, um die Wirkung von Vertrauen „an der eigenen Haut“ zu spüren.
Soziale Kompetenz hat viele Facetten!
Die soziale Kompetenz von Führungskräften zeigt sich in vielen unterschiedlichen Fähigkeiten und ist für die professionelle Führung von Mitarbeitern unersetzlich. Im Business-Coaching können Manager lernen, ihre sozialen Fähigkeiten zu verbessern. Dies führt nicht nur zu besseren Arbeitsbeziehungen, sondern trägt auch zum Unternehmensergebnis bei.