Während der Krankenstand von Arbeitnehmern insgesamt rückläufig ist, nehmen Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen psychischer Erkrankungen stetig zu. Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) und Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) haben daher die psychische Gesundheit der Beschäftigten zur Chefsache erklärt. Führungskräfte werden als wichtige Personengruppe gesehen, die Einfluss auf die Gesundheit, die Motivation und Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter haben. Daher sollen Führungskräfte für die Zusammenhänge zwischen ihrem Verhalten und der psychischen Gesundheit ihrer Mitarbeiter sensibilisiert und bei der Entwicklung eines gesundheitsförderlichen Führungsstils unterstützt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass sie für sich selbst Strategien einer gesundheitsförderlichen Bewältigung ihres Führungsalltags erlernen. Und dies ist kein Leichtes.
Bei der schwierigen Aufgabe der Selbstführung, auf die Führungskräfte in der Regel nicht vorbereitet werden, bedarf es der Unterstützung. Hier hat sich das externe Beratungsangebot des Gesundheits-Coachings besonders bewährt. Denn Betriebliches Gesundheitsmanagement und Gesundheits-Coaching haben ähnliche Ziele. Sie wollen Führungskräfte bei Aufgabe des guten und gesunden Führens primärpräventiv fördern und unterstützen. Dabei setzen beide Formate – als Conditio sine qua non – auf die Verbesserung von Selbstmanagement und Selbststeuerung.
Doch Primärprävention reicht nicht immer. Professionellen Anbietern von Management- und Exekutiv-Coaching ist bekannt, dass Führungsverantwortliche aufgrund ihrer Entscheidungsmacht und Verantwortung enormen Stressoren ausgesetzt sind. Um nicht als schwach oder ängstlich zu gelten, versuchen sie jedoch, erste Anzeichen psychischer Überforderung so lange wie nur möglich für sich zu behalten. Wenn Führungskräfte eigene gesundheitsbezogene Anliegen ins Gesundheits-Coaching einbringen, so ist ihre psychische Gesundheit häufig bereits angegriffen. Dennoch weisen sie auch dann noch großes Interesse auf, Kompensationsmöglichkeiten für die hohen, vielleicht zu hohen Anforderungen zu finden.
Im Zweifelsfall müssen daher die primärpräventive durch sekundär- und auch tertiärpräventive Maßnahmen ergänzt werden. Zur Klärung kann sich der Coach folgende Fragen stellen: Berichtet der Klient von innerer Unruhe oder Antriebslosigkeit, Schlaflosigkeit, Leistungs(un)fähigkeit, depressiven Stimmungsschwankungen? Wie steht es um seine Ich-Stabilität und um die Verfügbarkeit wichtiger Ich-Funktionen? Sind Frustrationstoleranz, selbstreflexive Emotionen, Reizschutz, Nähe-Distanz-Regulation halbwegs intakt?
Eine sekundärpräventive Maßnahme ist angezeigt, wenn die Führungskraft ihre Stresssymptomatik auf eine spezielle Problemlage zurückführt, die sie zwar (stark) verunsichert, aber nicht lähmt. Dann geht es in der Beratung um eine konsequente Konzentration auf einen überschaubaren Teilaspekt dieser akuten Problem- oder Konfliktlage. Die Fokussierung dient der Entzerrung der psychischen Überfrachtung. Die Führungskraft fühlt sich bald wieder als „Herr im eigenen Haus“. Die Anzeichen psychischer Überforderung gehen rasch zurück.
Tertiärpräventiv müssen aktiv stützende Angebote zur Anwendung kommen, wenn als Folge negativer Ereignisse, die teilweise von der Führungskraft mitzuverantworten sind, innerer und äußerer Stress nicht alleine bewältigt werden kann. Das heißt, der Coach übernimmt vermehrt Hilfs-Ich-Funktionen und wird zum Ratgeber: „Ich mache mir ein wenig Sorgen, dass Ihre hektische Betriebsamkeit vielleicht nicht so ganz das richtige ist. Vielleicht können wir zunächst gemeinsam überlegen, bevor Sie die nächsten Maßnahmen planen ..."
Kommt es zur beruflichen Krise, weil der Arbeitsplatz gefährdet ist, vielleicht aufgrund einer drohenden Insolvenz oder Übernahme, so muss aufgrund der hohen Dringlichkeit eine Art Notfallbewältigung erreicht werden. Statt im Angesicht des Untergangs zu resignieren oder in pathologischer Feindseligkeit zu verharren, muss die Führungskraft lernen, mithilfe aggressiver Selbstbehauptung die Krise zu überwinden.
Zur Chefsache „Psychische Gesundheit“ gehört es auch, nicht nur die eigenen, sondern auch die Affekte, Emotionen und Wünsche der Beschäftigten zu halten und, psychoanalytisch ausgedrückt, zu „containen“ (Bion, 1962). Dies ist den meisten Führungsverantwortlichen nicht bewusst und gerade deswegen „schwere“ Arbeit. Denn Führungskräfte sind Adressaten aller möglichen Emotionen. Gelingt es ihnen, die emotionalen Stresszustände ihrer Mitarbeiter wahrzunehmen und Verständnis zu signalisieren oder im Fall destruktiven Agierens Grenzen zu setzen, so verbessert sich das Klima und die salutogene Entwicklung setzt ein.
Voraussetzung, damit dies gelingen kann, ist die (Selbst-)Erfahrung, dass psychische Gesundheit ein Balanceakt ist; und wenn das Gleichgewicht vorübergehend verloren geht, so kann es doch auch wieder hergestellt werden. Gesundheits-Coaches werden dabei professionell und qualifiziert unterstützen.
Führungskräfte-Coaching hat in vielen Konzernen als Burnout-Prävention Selbstverständlichkeit erlangt. Insofern kann Coaching zur Entwicklung und Sicherung von Gesundheitspotentialen eingesetzt werden. Gesundheits-Coaching stellt im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements ein externes und qualitativ hochwertiges Angebot dar, das primär-, sekundär und tertiärpräventiv schnelle und adäquate Unterstützung für die Chefsache „Psychische Gesundheit“ bereitstellt.