Warum suchen Unternehmenslenker und Führungskräfte die Unterstützung durch einen Executive-Coach oder – wie ich es lieber nenne – Sparrings-Partner? Die Anlässe für ein Executive-Coaching sind so vielfältig, wie es die Menschen, die Biographien und die Unternehmen sind. Sie reichen von einer neuen Führungsaufgabe, auf die man sich vorbereiten will, über eine spezielle Kompetenz, in der man sich verbessern will (z.B. Delegieren lernen), bis zu einem Systemwechsel im Unternehmen (z.B. weg von einer streng hierarchischen hin zu einer demokratischen Struktur).
Hinter den offenkundigen Coaching-Anlässen liegen oft persönliche Themen, die erst im Laufe des Coachings zur Sprache kommen – Überforderung, Einsamkeit, Ohnmacht. Als sogenanntes Alpha-Tier gibt man dies allerdings begreiflicherweise nicht zu. Noch immer leben wir in einer Unternehmenswelt, in der das Zeigen von weichen Seiten als Schwäche interpretiert wird. Bedauerlicherweise, denn moderne Führungskräfte brauchen soziale Kompetenz und zu ihr gehört auch Offenheit und damit Sensibilität.
Zusammenfassend gesagt, soll im Executive-Coaching immer etwas verbessert werden – für den Einzelnen, der an der Spitze einer Organisation steht, und das Unternehmen. Auslöser ist ein Problem, ein gewisser Leidens- oder besser Veränderungsdruck ist vorhanden.
Im Folgenden möchte ich einen Aspekt hervorheben, der oft sträflich vernachlässigt wird. Wenn Sie darüber nachdenken, sich von einem Executive Coach begleiten zu lassen, könnte dies für Sie vielleicht ein wichtiger Denkanstoß sein. Häufig haben Klienten, mit denen ich arbeite, vorab schon viel Geld und Zeit in Coaching-und Beratungsprozesse gesteckt, die mittel- und langfristig nichts gebracht haben. Warum?
Aus meiner Erfahrung heraus wurde in solchen Fällen meistens versucht, überstürzt die Strukturen auf den Kopf zu stellen. Der Gedanke dahinter – möglichst schnell, möglichst viel ändern – mag zunächst charmant klingen, greift aber viel zu kurz. Manchmal werden hier Prozesse über Bord geworfen, die eigentlich über Jahrzehnte gut funktioniert haben. Irgendwann stellt sich dann heraus: Nicht die Prozesse sind das Problem, sondern das Mindset der Schlüsselfiguren im Unternehmen.
Nehmen wir das Beispiel moderne Führung: Sie können noch so viel versuchen, Agilität, schnelles, flexibles Projektarbeiten zu etablieren, wenn damit ab einer gewissen Management-Ebene Schluss ist, dann werden sich Flexibilität und Vernetzung nicht wirklich in der Kultur des Unternehmens etablieren.
Viel klüger ist es für Unternehmer und Führungskräfte, an der eigenen Überzeugung zu arbeiten. Klingt anstrengend? Ist es auch. Aber es ist deutlich effizienter und kostensparender, als in letztliche Randthemen zu investieren, die Sie immer nur temporär weiterbringen.
Die Biologie kennt dieses Phänomen als Minimum-Faktor. Als Diplom-Biologin bin ich fasziniert von diesem Effekt und konnte in meiner Laufbahn als Führungskraft und Executive-Coach feststellen, dass er sich zu 100 Prozent auf menschliche Organisationen, sprich Unternehmen, übertragen lässt.
Das Minimumgesetz geht auf den Agrarwissenschaftler Carl Sprengel zurück und wurde später von dem Chemiker Justus von Liebig formuliert. Es besagt, dass das Wachstum eines Organismus durch den im Verhältnis in geringster Menge vorhandenen Wachstumsfaktor begrenzt wird. Oder anders ausgedrückt: Wenn man diesen Minimumfaktor steigert, erhält man mit dem kleinsten Aufwand die größte Wachstums- oder Ertragssteigerung.
In Unternehmen bilden die Menschen an der Spitze den Minimumfaktor. Wenn also wirklich langfristig etwas im Unternehmen geändert werden soll, dann sollten Sie als Unternehmenslenker und Führungskraft bei sich selbst anfangen. Persönliche und unternehmerische Ebene stehen in einer starken Wechselwirkung. Sie sind der Steuermann, der Multiplikator. Haltung und Gestaltung sind untrennbar miteinander verbunden.
Ein Beispiel: Sie vertrauen Ihren Mitarbeitern nicht – vielleicht, weil Ihnen immer eingeimpft wurde, dass nur durch harte Hand und Kontrolle die „Bande“ im Zaum zu halten ist. Wenn Sie eine vertrauensbasierte Mitarbeiterführung in Ihrem Unternehmen etablieren wollen, dann werden Sie nicht umhin kommen, an Ihrer Überzeugung zu arbeiten.
Wenn Sie tun, wovon Sie überzeugt sind, werden Sie nicht nur feststellen, dass Sie Erfolg damit haben. Führen wird Ihnen auch (wieder) Freude bereiten und Sie werden mit Leidenschaft Ihr Unternehmen optimal für die Zukunft rüsten. Zu den Kernfragen, die Sie sich vor Beginn eines Coachings und in seinem Verlauf stellen sollten, gehören: